Kleidung ist eine wichtige Quelle von Mikroplastik in den Meeren
Kleidung gibt Fasern ab, bei Kleidung aus Kunststofffasern ist dies eine Quelle von Mikroplastik – beim normalen Gebrauch werden wenig Fasern durch die Kleidung abgegeben, aber viele beim Waschen in der Waschmaschine und beim Trocknen
Wir nutzen viele Kleidungsstücke, die vollständig oder teilweise aus Kunststofffasern bestehen. Kunststofffasern gibt es beispielsweise aus Polyester, Polyamid, Polyurethan oder Polyacrylnitril. Häufig werden aber auch die Kunststoffe in Kleidung nicht direkt genannt, sondern es werden Handelsnamen der Fasern verwendet. Beispiele hierfür sind Trevira oder Diolen (Polyester), Nylon oder Perlon (Polyamid), Elastan oder Lycra (Polyurethan). Daneben gibt auch modifizierte Naturfasern wie Viskose, die mittels chemischer Prozesse aus Cellulose hergestellt wird. Andere Naturstoffe wie Baumwolle werden teilweise auch chemisch modifiziert („ausgerüstet“), um sie widerstandsfähiger zu machen.
Außer in Kleidungsstücken werden Kunststofffaser-Textilien auch für andere Zwecke eingesetzt, die je nach Anwendung höhere Widerstandsfähigkeit haben (z.B. Polsterbezüge, Vorhangstoffe, Rucksäcke, Markisen- und Sonnenschutztextilien).
Foto: Sportkleidung wird vorwiegend aus Kunststofffasern hergestellt.
Welche Mengen an Kleidung aus synthetischen Fasern werden pro Jahr verbraucht?
Weltweit werden jährlich ca. 87 Millionen Tonnen Fasern aus Kunststoffen produziert – für Kleidung, Heimtextilien, technische Textil-Nutzungen und andere Zwecke. Den höchsten Anteil an der Produktion haben Kunststofffasern aus Polyester. Die Produktion in Deutschland ist aber nur niedrig: im Jahr 2022 wurden hier nur 0,357 Millionen Tonnen Chemiefasern hergestellt. Auch Kleidung wird nur zu einem geringen Teil in Deutschland produziert – der überwiegende Teil an Kleidungsstücken wird importiert.
Die Europäische Umweltagentur (EEA) in Kopenhagen hat den durchschnittlichen Verbrauch von Textilien der Bürgerinnen und Bürger in Europa im Jahr 2020 untersucht (für die 27 EU-Staaten). Danach werden im Mittel pro Kopf und Jahr 6,0 Kilogramm Kleidung und 6,1 Kilogramm Haushalts- und Heimtextilien verbraucht. Verbraucht meint, dass diese Menge jährlich im Mittel neu gekauft und (als gebrauchte Kleidung) entsorgt wird. Etwa 60 bis 70 % der Textilien bestehen aus synthetischen Fasern – das sind also etwa 8 kg pro Kopf und Jahr. Beim Nutzen und Waschen dieser Kleidungsstücke und Heimtextilien aus Kunststoffen wird dann Mikroplastik abgegeben – vorwiegend als Mikrofasern.
Datenquellen: https://www.ivc-ev.de/de/chemiefaserproduktion-nach-regionen-balkendiagramm, https://www.eea.europa.eu/en/topics/in-depth/textiles
Wie gelangen Kunststofffasern aus Textilien in die Umwelt?
Bis vor einigen Jahren wurde angenommen, dass Textilien aus Kunststofffasern oder modifizierten Naturfasern nur bei der Produktion und der späteren Entsorgung umweltrelevant sind. Inzwischen gibt es aber Untersuchungen, die zeigen, dass auch während des Gebrauchs eine Freisetzung von Fasern erfolgt. Das passiert beim Tragen der Kleidung und Gebrauchen beispielsweise von Picknickdecken – vor allem aber beim maschinellen Waschen von Textilien. Mehrere Studien haben gezeigt, dass beim Reinigen von Kleidung in Waschmaschinen große Mengen der Fasern ins Wasch- und Spülwasser freigesetzt werden – mehrere Hunderttausend Kunststofffasern aus einer Waschmaschinenfüllung mit Synthetiktextilien. In einer britischen Studie wurden im Mittel etwa 100 Milligramm abgegebene Fasern pro Kilogramm Wäsche gefunden.
Besonders viele Mikrofasern im Waschwasser wurden beim Waschen von neuen Kleidungsstücken gefunden. Nach mehrmaligen Waschen nahm die Anzahl der abgegebenen Mikrofasern ab. Zwar wird ein Teil der Fasern in den eingebauten Flusensieben zurückgehalten, doch gelangen trotzdem viele Fasern auch ins Abwasser. Eine britische Untersuchung zeigt, dass bei Waschprogrammen mit niedrigen Temperaturen und kurzen Zeiten weniger Fasern aus Kleidungsstücken abgegeben werden. Die Studie ergab auch, dass Kleidung, die in voll beladenen Waschmaschinen gewaschen wurde relativ weniger Fasern bei der Wäsche abgab im Vergleich zur Wäsche mit nur halb gefüllten Waschmaschinen.
Eine weitere Untersuchung zeigte, dass auch bei Trocknen in Wäschetrocknern Fasern aus der Kleidung abgegeben werden. Diese werden in die Raumluft abgegeben und können so die Innenraumluft belasten.
Fotos: links – Flusensieb einer Waschmaschine; rechts – Flusen im Flusensieb eines Wäschetrockners.
Was passiert mit den Kunststofffasern im Abwasser?
Die von Textilien abgegebenen synthetischen Fasern werden als Mikroplastik klassifiziert. Sie erfüllen die Größenkriterien der Definition von Mikroplastik. Als Mikroplastik werden Kunststoffteilchen bezeichnet, die 5 Millimeter oder kleiner sind. Kunststofffasern aus Kleidung erfüllen häufig auch die Bedingungen, um sie als Mikrofasern einzuordnen: Mikrofasern sind alle fädigen Teilchen, die mindestens 100 mal so lang wie dick sind – also zum Beispiel mindestens 1 Millimeter lang und 10 Mikrometer dick oder 0,1 Millimeter lang und höchstens 1 Mikrometer dick.
Kunststofffasern, die beim Waschen aus Textilien abgegeben und nicht im Flusensieb festgehalten werden, landen im Abwasser. Mit dem Abwasser gelangen sie in Kläranlagen. Dort werden im Klärprozess über 95 % der Mikrofasern aus dem Abwasser entfernt. Da die Anzahl der Fasern im Abwasser aber sehr hoch ist, gelangen immer noch erhebliche Mengen an Mikrofasern über den Kläranlagenablauf in Oberflächengewässer – pro Kubikmeter gereinigtem Abwasser sind bis zu mehrere Tausend Fasern gefunden worden. Über Vorfluter und Flüsse werden die Mikrofasern schließlich auch in die Meere transportiert.
Die aus dem Abwasser entfernten Kunststofffasern werden nur zu einem geringen Teil abgebaut und sind im Klärschlamm gebunden. Da in Deutschland immer noch über 10 % des behandelten Klärschlamms in der Landwirtschaft genutzt wird, können Kunststofffasern als Mikroplastik so auch in landwirtschaftlich genutzte Böden gelangen.
Kunststofffasern reichern sich in den Meeren an
Nach einer Auswertung der Europäischen Umweltagentur (EEA) stammen etwa 8 % des Mikroplastiks, das aus Europa in die Meere gelangt, aus synthetischen Textilien. Weltweit ist dieser Anteil an Kunststofffasern mit geschätzt 16 – 35 % noch deutlich höher, da in vielen Staaten die Abwasserreinigung weniger effektiv wie in den meisten europäischen Staaten ist. Nach Schätzungen von Forschenden gelangen weltweit pro Jahr 200.000 bis 500.000 Tonnen Mikroplastik aus Kunststofffaser-Textilien in die Meere. Untersuchungen zeigen, dass Mikroplastik aus Kunststoffabfällen die Nahrungsnetze in unseren Meeren schädigt. Dazu tragen auch Mikrofasern aus unserer Kleidung bei, die beim Waschen ins Abwasser abgegeben werden.
Wie kann ich die Umweltbelastung durch Mikroplastik aus Kleidung vermindern?
- mehr Kleidung aus Naturfasern wie Wolle, Leinen oder Baumwolle nutzen
- Kleidung wie vom Hersteller beschrieben pflegen, um eine lange Nutzung sicherzustellen
- Kleidung nur in der Waschmaschine waschen, wenn es nötig ist; kleinere Flecken lassen sich eventuell per Hand auswaschen
- möglichst Waschprogramme mit niedrigen Temperaturen und kurzen Zeiten wählen, um die Abgabe von Fasern aus Kleidungsstücken zu verringern
- die Waschmaschine möglichst gut füllen – das spart nicht nur Wasser und Energie, sondern kann auch die Bildung von Fasern bei der Wäsche reduzieren
- Kleidung länger nutzen -schon beim Kauf eines Kleidungsstücks darauf achten, ob es häufiger und zu verschiedenen Anlässen getragen werden kann
- Nicht mehr genutzte Kleidung, die noch in gutem Zustand ist, auf Flohmärkten oder an Second-Hand-Läden verkaufen oder an gemeinnützige Organisationen spenden (beispielsweise Sozialkaufhäuser)
- Nicht mehr nutzbare Kleidung in die Altkleidersammlung geben oder in aufgestellte Altkleidercontainer – möglichst von gemeinnützigen Organisationen
Verwendete Quellen
Bertling J., Dau K., Selig U., Werner S. (2021). Mikroplastikeinträge in die marine Umwelt – Stand des Wissens und Handlungsoptionen. Runder Tisch Meeresmüll, AG Landbasierte Einträge, Unterarbeitsgruppe Mikroplastik. https://t1p.de/gvug8
European Environment Agency – EEA (2022). Microplastics from textiles: towards a circular economy for textiles in Europe. https://t1p.de/q6lvx
Lant N.J., Hayward A.S., Peththawadu M.M.D., Sheridan K.J., Dean J.R. (2020). Microfiber release from real soiled consumer laundry and the impact of fabric care products and washing conditions. PLoS ONE 15, e0233332. https://t1p.de/mmrpo
Liu J., Yang Y., Ding J., Zhu B., Gao W. (2019). Microfibers: a preliminary discussion on their definition and sources. Environ Sci Pollut Res 26, 29497-29501. https://t1p.de/ihyth