Gefährliche Gischt
Angespülter Meeresschaum enthält Ewigkeitschemikalien
Behörden in den Niederlanden und in Dänemark warnen vor dem Kontakt mit Meeresschaum am Strand. Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass darin hohe Mengen an sogenannten Ewigkeitschemikalien (PFAS) enthalten sein können.
Was sind PFAS
PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Gruppe von tausenden Chemikalien, die teilweise bereits seit über 70 Jahren industriell hergestellt und in vielen Bereichen verwendet werden. Man findet sie in industriellen Produktionsprozessen, aber auch in Verbraucherprodukten. So werden PFAS beispielsweise als fettabweisende Beschichtung in Pizzaverpackungen eingesetzt, als Schmiermittel in Ski-Wachsen genutzt oder für die Imprägnierung von Outdoor-Kleidung verwendet.
Wenn PFAS in die Umwelt gelangen können sie kaum abgebaut werden. Deshalb sind PFAS inzwischen fast überall im Wasser, im Boden, in Pflanzen und in Tieren zu finden. In Lebewesen können sie sich über die Aufnahme belasteter Nahrung anreichern und so über längere Zeit zu hohen Belastungen führen. Auch im Menschen können PFAS beispielsweise im Blut nachgewiesen werden. Einige der Stoffe (PFOS, PFOA und verwandte Stoffe) wurden inzwischen verboten, da sie nicht nur langlebig sind und sich in Organismen anreichern, sondern auch giftig sind. Inzwischen gibt es eine Initiative mehrerer EU-Staaten, um die gesamte Gruppe der PFAS zu verbieten und nur noch in Bereichen, wo sie zum Beispiel in der Medizin nicht ersetzt werden können, zuzulassen.
Da PFAS in vielen Bereichen eingesetzt werden, gelangen sie auch in großen Mengen in die Umwelt. Teilweise geschieht das durch Schadensfälle: so enthalten Feuerlöschschäume weiterhin noch häufig PFAS, die bei der Benutzung über Kläranlagen in die Umwelt gelangen. In vielen Industriebetrieben entstehen in der Produktion Abwässer, die PFAS enthalten und zur Umweltbelastung beitragen. Aber auch Haushalte tragen zur PFAS-Belastung bei. So gelangt beim Waschen von PFAS-imprägnierten Textilien PFAS in das Abwasser. In Kläranlagen können die PFAS aus industriellen oder Haushaltsabwässern nicht vollständig zurückgehalten werden, so dass ein Teil über die Kläranlagenabläufe in die Flüsse gelangt.
In den Flüssen sammeln sich die PFAS-Einträge aus industriellen und kommunalen Kläranlagen und weiteren Quellen. Ein Teil der PFAS werden an Schwebstoffe im Wasser gebunden und sedimentieren auf den Gewässergrund. Der größere Teil der PFAS wird über die Flüsse in die Meere transportiert, wo sie sich im Meerwasser nachweisen lassen.
Wie kommen die PFAS in den Meeresschaum?
Die Moleküle vieler PFAS sind chemisch mit unterschiedlichen Eigenschaften ausgestattet. Ein Teil des PFAS-Moleküls, eine kleine Kopfgruppe ist wasserlöslich. Dann gibt es noch ein längeres Stäbchen, das durch die enthaltenen Fluoratome wasserabweisend ist (siehe Schema). Aufgrund dieser Kombination bilden sie im Wasser kleine Tröpfchen, in denen die Köpfe dem Wasser zugewandt sind und die Stäbchen nach innen gerichtet sind. An der Wasseroberfläche können sie einen Film bilden, in dem die Stäbchen dann in die Luft ragen.
Schaum entsteht aus Meereswasser durch die mechanische Wirkung von Wellen oder Wind. Das passiert natürlich durch im Meerwasser vorhandene Überreste von Algen (hauptsächlich von Schaumalgen), Pflanzen und Bakterien. In diesem Schaum können sich auch die PFAS lösen. Da die Konzentration der PFAS durch die Filmbildung an der Wasseroberfläche relativ hoch ist, kann der Schaum dann sehr hohe PFAS-Mengen enthalten. So wurden in Meeresschaum an der dänischen Westküste extrem hohe PFAS-Konzentrationen festgestellt. Allein für vier wichtige PFAS wurde eine Summenkonzentration von maximal 1,7 Milligramm pro Liter Schaum gemessen – aber es können auch noch weitere PFAS in dem Schaum enthalten sein.
Warum ist der Meeresschaum gefährlich?
Beim Schwimmen oder barfuß am Stand laufen kann man mit dem Meeresschaum in Kontakt kommen. Dadurch können PFAS auf die Haut gelangen. Beim Schwimmen können beim versehentlichen Verschlucken von Meerwasser auch PFAS in den Körper aufgenommen werden.
Die niederländischen Behörden geben an, dass sie noch nicht bewerten können, wie gesundheitsgefährdend die hohen PFAS-Konzentrationen im Meeresschaum sind. Bislang haben sie keine Informationen darüber, wieviel Meeresschaum Menschen am Stand oder beim Schwimmen tatsächlich aufnehmen. Auch gibt es keine Daten dazu, ob PFAS in den Körper aufgenommen werden, wenn Meeresschaum auf die Haut gelangt. Aus Vorsorgegründen sollte aber der Hautkontakt mit Meeresschaum vermieden werden.
Leider wurden in Deutschland bislang keine Untersuchungen zu PFAS in Meeresschaum veröffentlicht. Auch eine Risikobewertung durch Länder- oder Bundesbehörden steht noch aus.
Worauf sollte jede/r am Strand achten?
- Kontakt mit dem Meeresschaum vermeiden
- Verhindern, dass Kleinkinder im Schaum spielen
- Hände/Füße waschen, wenn sie mit dem Schaum in Berührung gekommen sind
- Haustiere am Strand vom Schaum fernhalten
Was kann jede/r Einzelne/r sonst noch tun?
- keine Outdoor-Kleidung mit PFAS kaufen
- PFAS-freie Imprägnierungsmittel benutzen
- Fastfood-Verpackungen vermeiden, da sie häufig PFAS enthalten und lieber Mehrweg-Verpackungen nutzen
- bei Ski-Wachsen PFAS-freie Wachse nutzen
- generell bei Produkten darauf achten, dass sie PFAS-frei sind
Quellen
PFAS-Untersuchungen im Meeresschaum in den Niederlanden https://www.rivm.nl/en/news/pfas-in-sea-foam-along-dutch-coast
Medienbericht zu PFAS im Meeresschaum https://www.t-online.de/region/bremen/id_100313590/nordsee-chemie-schaum-gefahr-fuer-kinder-im-urlaub-am-strand-.html
Schwerpunkt PFAS, Umweltbundesamt 2020 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/publikationen/uba_sp_pfas_web_0.pdf
Ewigkeits-Chemikalien PFAS, Verbraucherzentrale https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/produkte/ewigkeitschemikalien-pfas-wo-sie-stecken-warum-sie-problematisch-sind-81811
Schaumalgen https://www.geo.de/natur/oekologie/schaumberge-an-der-nordsee–alarmierendes-naturphaenomen-32937064.html