Schwebender Plastikmüll – warum Luftballons eine Gefahr für die Umwelt sind
Sie sind beliebt und werden häufig bei Feiern oder Veranstaltungen als Blickfang genutzt: bunte Luftballons, die mit Umgebungsluft oder Helium gefüllt sind. Solange sie angebunden sind, sind sie unkritisch. Aber wenn sie losgelassen werden, können Luftballons zu einer Gefahr für Tiere in Bäumen, auf dem Boden und in Gewässern werden.
Mehr als 99 bunte Luftballons
Jedes Jahr werden weltweit geschätzt 15 Milliarden Luftballons verbraucht – bei Kindergeburtstagen, Schulabschlussfeiern, Karnevalssitzungen, Geschäftseröffnungen und vielen anderen Veranstaltungen. Bedruckte Luftballons werden als Dekoration genutzt und auch gerne als Werbeträger an Kinder abgegeben. Auch wenn ein einzelner Luftballon nur eine kleine Masse hat, stellen die vielen Ballons ein Umweltproblem dar. Besonders umweltschädlich ist das organisierte Fliegenlassen von Luftballons, beispielsweise bei Weitflug-Wettbewerben.
Luftballons werden in der Umwelt zu Plastikmüll
Klassische Luftballons werden zwar aus dem Naturprodukt Latex hergestellt, das aber so verändert wird, dass es in der Umwelt nicht mehr leicht abgebaut werden kann. Latex wird erst durch Behandlung mit Schwefel zu Kautschuk, der dann luftdicht ist und als Werkstoff für Luftballons verwendet werden kann. Dazu kommen noch Farbpigmente und andere Zusatzstoffe, die die Haltbarkeit verbessern sollen. So kann das Material noch mit weiteren Chemikalien wie Stabilisatoren oder Flammschutzmittel behandelt werden, um die Eigenschaften zu optimieren. Durch diese Veränderungen entsteht dann ein Kunststoff, der nach der Freisetzung lange Zeit in der Umwelt verbleibt, bis er durch Sonnenlicht, Witterungseinflüsse und Mikroorganismen zerkleinert werden kann. So wurde bei Abbauuntersuchungen im Labor über mehrere Monate nur ein geringer Abbau von Luftballons im Wasser oder Kompost festgestellt (Gilmour & Lavers 2021). Beim Abbau von Luftballons entsteht Mikroplastik, das sind kleine Plastikteilchen, die weniger als 5 Millimeter groß sind. Das Mikroplastik kann dann allmählich weiter abgebaut werden. Bis die Plastikteilchen vollständig abgebaut sind, können Dutzende von Jahren vergehen.
Daneben gibt es noch Luftballons, die vollständig aus Kunststoffen wie Mylar (Polyethylen-Terephthalat, PET) hergestellt werden. Ballons aus diesem Material gelten als noch schwerer abbaubar als die Luftballons aus Kautschuk. Teilweise werden sie auch noch mit einer Metallschicht versehen, um sie haltbarer zu machen. Solche Ballons sind häufig schwerer und werden oft mit dem Gas Helium gefüllt, damit sie in der Luft schweben. Metallbeschichtete Ballons sind in Bahnhöfen und in der Nähe von Oberleitungen verboten, da sie dort Kurzschlüsse auslösen können.
Teilweise hängt an den Luftballons auch noch Befestigungsmaterial wie Drähte, Stäbe oder Bänder. Auch diese können Tiere gefährden. Wenn die Bänder aus Kunststoffen sind, tragen sie zudem auch zur steigenden Umweltbelastung durch Plastik bei. Luftballonstäbe als Einwegkunststoffartikel aus Plastik sind inzwischen sogar durch eine EU-Richtlinie verboten. Für die Luftballons selbst gilt das zwar nicht. Allerdings haben die Produzenten jetzt eine erweiterte Herstellerverantwortung: durch Zahlungen in einen Einwegkunststofffonds müssen sie ab dem Jahr 2025 die Folgekosten von im öffentlichen Raum anfallenden Abfällen ihrer verkauften Einwegkunststoffartikel übernehmen – bislang werden diese Kosten von der Allgemeinheit getragen. Hierzu gehören beispielsweise die Kosten für die Entsorgung in öffentlichen Sammelsystemen, für die Reinigung von Stränden von Plastikmüll oder für Maßnahmen, um Verbraucher für die Folgen des gedankenlosen Wegwerfens von Plastikmüll in der Umwelt zu sensibilisieren.
Luftballons besser nicht fliegen lassen
Solange Luftballons angebunden oder fixiert bleiben, sind sie relativ unkritisch. Sie können mehrfach verwendet und nach Gebrauch als Plastikmüll entsorgt werden. Zum Problem werden Luftballons vor allem, wenn sie fliegen gelassen werden. Dann können sie mit dem Wind über weite Strecken transportiert werden, bis sie Luft verlieren und abstürzen oder irgendwo hängen bleiben. Besonders weit können mit Helium gefüllte Luftballons mit den Luftströmungen gelangen.
Wie Luftballons Tiere schädigen
Die abgeschlafften Luftballons verfangen sich in Bäumen oder landen auf dem Boden oder in Flüssen und Seen. Dort stellen sie eine Gefahr für größere Tiere dar, die sich in aufgerissenen Hüllen verheddern oder die schlaffen Luftballonhüllen für Nahrung halten können. Einmal im Magen aufgenommen, können die Luftballonreste aber nicht verdaut und nur schlecht ausgeschieden werden. Das Plastik im Magen kann bei den Tieren zu reduzierter Nahrungsaufnahme und geringerem Wachstum führen und im Extremfall zum Verhungern. Wenn aus dem Luftballon durch Abbau über längere Zeit Mikroplastik geworden ist, können auch zunehmend kleinere Tiere davon betroffen sein, deren Nahrung der Größe der Mikroplastik-Teilchen entspricht.
Bei Untersuchungen tot aufgefundener Seevögel konnte ein direkter Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Plastik durch die Vögel und deren Tod nachgewiesen werden (Roman u.a. 2019). Dabei war eine Verstopfung des Magen-Darm-Trakts die häufigste Todesursache. Luftballons waren in der Untersuchung die gefährlichsten Objekte: so ist es für Seevögel über 30mal wahrscheinlicher, an aufgenommenen Luftballonresten zu sterben als durch die Aufnahme von harten Kunststoffteilen.
Wie kann der Eintrag von Luftballons in die Umwelt reduziert werden?
- weniger Luftballons verwenden, wenn möglich die Ballons mehrfach nutzen oder wiederverwendbare Ballons kaufen
- Luftballons immer festbinden, keine Ballons fliegen lassen
- nicht an Flugwettbewerben mit Luftballons teilnehmen
- keine Helium-gefüllten Ballons verwenden oder fliegen lassen
- alternative Effektdekoration nutzen – Papiergirlanden, Seidenpapier-Pompoms, Luftschlangen, Banner ….
Was sollten Hersteller von Luftballons tun?
- klare Hinweise auf Verpackungen anbringen, dass freigelassene Luftballons ein Umweltproblem sind
- Hinweise zur korrekten Entsorgung von Luftballons geben
- Möglichst nur Latex als Material benutzen und kritische Zusatzstoffe vermeiden
Was kann jede/r Einzelne tun?
- Sich an Clean-up-Aktionen beteiligen – um die Zahl der in die Umwelt gelangten Kunststoffmülls, zu dem auch Luftballons gehören, zu reduzieren, gibt es immer wieder Reinigungs- und Aufräumaktionen durch Umweltorganisationen und private Initiativen.
Auch Project Blue Sea e.V. führt solche Aktionen durch: https://projectbluesea.de/ruckzuckcleanup-zum-weltwassertag-am-22-maerz-2021/
Quellen
euronews: Plastikverschmutzung in den Meeren: Luftballons sind besonders gefährlich für Seevögel, https://de.euronews.com/2019/03/04/plastikverschmutzung-meere-luftballons-gefaehrlich-seevoegel
Gilmour & Lavers (2021): Latex balloons do not degrade uniformly in freshwater, marine and composting environments. Journal of Hazardous Materials 403, 123629, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0304389420316150?via%3Dihub
Umweltbundesamt: Der Einwegkunststofffonds: Verantwortung übernehmen, Vermüllung unterbinden, https://www.umweltbundesamt.de/ewkf/#undefined
R+V Versicherung: Luftballons: Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt, https://www.ruv.de/newsroom/infocenter/ruv-luftballons
Roman, Hardesty, Hindell and Wilcox (2019): A quantitative analysis linking seabird mortality and marine debris ingestion. Scientifc Reports 9:3202, https://www.nature.com/articles/s41598-018-36585-9
Verbraucherzentrale NRW: Luftballons – Gibt es umweltfreundliche Alternativen? https://www.verbraucherzentrale.nrw/schadstoffe/spielzeug/luftballons-gibt-es-umweltfreundliche-alternativen-43409
Wageningen University & Research: 5 Fakten zu losgelassenen Luftballons und den schädlichen Folgen für die Natur, https://www.wur.nl/upload_mm/1/9/6/81eaeaf1-1bfb-42bb-b3ab-dce5f0aeb089_5_Fakten_luftballons.pdf