Der Meeresbodenbergbau bedroht einzigartige Tiefseelebewesen
Noch vor einigen Jahrzehnten wurde die Tiefsee als unbelebt angesehen. Doch inzwischen weiß man, dass in mehreren Tausend Metern Tiefe artenreiche Ökosysteme existieren. Noch bevor diese Ökosysteme erforscht sind, besteht die Gefahr, dass sie zerstört werden. Durch den geplanten Tiefseebergbau sollen am Meeresboden Rohstoffe gewonnen werden, die beispielsweise für Windkraftwerke und Solaranlagen benötigt werden. Dabei würden riesige Flächen am Meeresboden massiv geschädigt und die Ökosysteme in der Tiefsee irreversibel geschädigt.
Internationale Verhandlungen zum Tiefseebergbau in der Schwebe
Seit mehreren Jahren wird auf internationaler Ebene über die mögliche Ausbeutung des Meeresbodens in der Tiefsee diskutiert, den Tiefseebergbau oder Meeresbodenbergbau. Dabei geht es um den Abbau von Mineralien in Regionen, die außerhalb der rechtlichen Zuständigkeit der Meeresanliegerstaaten liegen. Eigentlich wollte die verantwortliche Internationale Meeresbodenbehörde ISA (International Seabed Authority) bereits Mitte 2023 ein Regelwerk für den Abbau bekanntgeben. Aber bislang gibt es kein Ergebnis.
Bei den Verhandlungen zeigt sich, dass es Staaten mit unterschiedlichen Interessen gibt. So wollen einzelne Staaten den Tiefseebergbau möglichst schnell zulassen. Dazu sollen Lizenzen an Bergbauunternehmen vergeben werden, die mit dem kommerziellen Abbau kurzfristig beginnen wollen. Als lukrativste Region für den Abbau gilt derzeit die sogenannte Clarion-Clipperton-Zone im Nordostpazifik zwischen dem Äquator, Mexiko und Hawaii. Dagegen fordern 32 von 169 Mitgliedstaaten der Internationalen Meeresbehörde, einschließlich Deutschland, einen Stopp von kommerziellen Tiefseebergbau-Aktivitäten. Stattdessen planen einige dieser Staaten zunächst nur Machbarkeitsstudien zum Abbau. So sollen die Umweltfolgen besser abgeschätzt und geprüft werden können, ob der Nutzen die potentiellen Umweltschäden des Tiefseebergbaus rechtfertigt. So ist bislang noch nicht vollständig geklärt, ob die Qualität der am Meeresboden gewonnenen Mineralien tatsächlich so hoch ist, dass derzeit ein kostendeckender Abbau möglich ist. Um so wichtiger ist es, dass vor dem Einstieg in den Abbau eine international verbindliche Vereinbarung zum Meeresbodenbergbau getroffen wird, die den Schutz der Meeresumwelt ausreichend berücksichtigt.
Unabhängig von dieser geplanten internationalen Regelung prescht Norwegen gerade beim Meeresbodenbergbau vor. Schon bis Mitte 2025 sollen dort erste Abbaulizenzen erteilt werden. Allerdings ist dies in Meeresgebieten vorgesehen, in denen Norwegen die rechtliche Zuständigkeit ausübt (Festlandsockel im Nordmeer). Für das geplante Vorgehen wurde Norwegen Anfang 2024 vom EU-Parlament stark kritisiert, ohne das dies Konsequenzen hatte. Anfang Dezember 2024 gab die norwegische Regierung allerdings bekannt, dass die Ausgabe der Konzessionen gestoppt wurde. Wie es nun weitergeht, ist unklar.
Warum ist der Schutz der Tiefsee so wichtig?
Die Tiefsee ist bislang wenig erforscht. Erst seit einigen Jahrzehnten ist es möglich, mit unbemannten Tauchbooten die Tiefsee-Ökosysteme, die bis zu 10 Tausend Meter tief sind, zu erkunden. Zudem handelt es sich um riesige Gebiete, die mehr als die Hälfte der Erdoberfläche umfassen. Durch den hohen Druck der kilometerhohen Wassermassen, einem erhöhten Salzgehalt, dem Fehlen von Licht und den niedrigen Temperaturen herrschen hier einzigartige Bedingungen.
Es finden sich dort auch einzigartige Organismen, die teilweise skurril aussehen. Sie in der Tiefe zu beobachten ist schwierig und gelingt nur mit Tauchbooten. Manchmal finden sich solche Fische – meist nicht mehr lebend – aber auch als Beifang der Hochseefischerei oder sie werden tot an Strände gespült. Ein Beispiel für diese Meerestiere ist der Anglerfisch, bei dem sich am Kopf ein angelähnliches Organ mit einer lumineszierenden Spitze befindet. Hiermit lockt er in der Dunkelheit der Tiefsee Beutetiere in die Nähe seines Maules, die die leuchtende Angelspitze beispielsweise für lumineszierende Garnelen halten. Andere Tiefseefische weisen im Vergleich zum Körper riesige Mäuler mit großen Zähnen auf. Häufig haben die Fische riesige Augen, die an das geringe Licht in der Tiefsee angepasst sind und ihnen so ermöglichen, dort Beute zu finden. Ein anderes Beispiel sind Stelzenfische, die mit mehreren stabförmig verlängerten Bauchflossen auf dem Meeresboden stehen. So können sie mit der Strömung vorbeitreibendes Plankton als Nahrung aufnehmen.
Durch die auf vielerlei Art an die Tiefseeumgebung angepassten Organismen haben die Tiefsee-Ökosysteme eine hohe Biodiversität, auch wenn die Anzahl der Organismen und die Biomasse dort gering sind. Deshalb plädieren Meeresforscher dafür, zunächst eine Bestandsaufnahme der Tiefseeökosysteme durchzuführen, bevor dort durch den Bergbau einschneidende Veränderungen erfolgen, die nicht mehr umkehrbar sind.
Warum ist der Tiefseebergbau gefährlich für die Meeresumwelt?
Denn durch den Tiefseebergbau werden die Lebensräume von Tiefseeorganismen, von denen viele noch gar nicht bekannt sind, weitgehend zerstört. Zunächst sind es die direkten Belastungen durch Lärm, Licht sowie durch Chemikalien und Betriebsflüssigkeiten, die von den Abbaugeräten freigesetzt werden. Die Abbaumaschinen wühlen beim Abbau der Mineralien das Sediment auf. So wird nicht nur der Meeresboden selbst in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch das Tiefseewasser, aus dem sich die Sedimentpartikel nur sehr langsam wieder absetzen. Durch die tonnenschweren Abbaufahrzeuge wird auch der Meeresboden verdichtet und darin lebende Organismen beeinträchtigt. Davon sind nicht nur einzelne Arten betroffen, sondern ganze Nahrungsnetze.
Welche Mineralien findet man am Meeresboden?
Seit Jahrzehnten geistert das Bild von mineralreichen Manganknollen durch die Medien, wenn es um die Bedeutung des Tiefseebergbaus geht. Daneben spielen auch sogenannte Kobaltkrusten und Massivsulfide eine Rolle. Diese haben gemeinsam, dass sie viele technisch wichtige Elemente enthalten, vor allem auch solche Elemente, die gerade für Windkraftanlagen, Solarpanels oder Batterien für Elektrofahrzeuge benötigt werden. So wird teilweise die Energiewende als Begründung angeführt, um den Tiefseebergbau zu rechtfertigen. Ob der Abbau aber tatsächlich notwendig und wirtschaftlich ist, wird kontrovers diskutiert.
Fazit
Der Lebensraum der Tiefsee und die dort lebenden Arten sind noch weitgehend unerforscht. Wenn jetzt mit dem Bergbau am Meeresboden begonnen wird, besteht die Gefahr, dass diese Tiefseeökosysteme dauerhaft geschädigt werden. Deshalb sollten bis auf Weiteres von keinem Staat Lizenzen für den Abbau von Tiefseemineralien erteilt werden und alle kommerziellen Aktivitäten gestoppt werden. Gleichzeitig sollte die ökologische Forschung in der Tiefsee verstärkt werden, um den Lebensraum und dessen Gefährdung, beispielsweise auch durch den Klimawandel, besser zu verstehen.
Quellen
Öko-Institut https://www.oeko.de/blog/manganknollen-sollten-nicht-leichtfertig-zum-abbau-freigegeben-werden/
Greenpeace 2024: Tiefseebergbau in der Arktis: Schätze der Tiefsee in Gefahr https://www.greenpeace.de/publikationen/tiefseebergbau-in-der-arktis-schaetze-der-tiefsee-in-gefahr
Geomar, Biodiversität an Manganknollenfeldern https://www.geomar.de/entdecken/leben-im-meer/biodiversitaet-an-manganknollenfeldern
Spektrum.de https://www.spektrum.de/news/welche-oekologischen-folgen-hat-der-tiefseebergbau/2161158
Trailer Ruhr September 2024 https://www.trailer-ruhr.de/tiefseebergbau-ohne-regularien-waere-ganz-schlimm-thema-0924
taz, die Tageszeitung, 2.12.2024 https://taz.de/Tiefseebergbau/!6054558/
Porträt Manganknolle
Manganknollen liegen auf dem Meeresboden, sind braun oder blauschwarz und bis zu faustgroß. Sie entstehen, wenn sich immer mehr im Meerwasser gelöste Metallionen über lange Zeit an einen Kern ablagern. So wachsen Manganknollen über mehrere Millionen Jahre. Auf einem Quadratmeter können sich mehrere Kilogramm Manganknollen befinden. Die Gehalte an Mangan und anderen Elementen variieren in den verschiedenen Meeresregionen. Typischerweise enthalten Manganknollen etwa 15 – 35 Prozent an Mangan, 5 – 15 % Eisen und Gehalte an Kobalt, Kupfer und Nickel im niedrigen Prozentbereich sowie in Spuren Elemente aus der Gruppe der Seltenen Erden.
Teilweise sind die Manganknollen auch bewachsen. So dienen sie Würmern, Krebstieren, Muschelarten und anderen ortsgebundenen Lebewesen wie bestimmten Schwämmen, Seelilien und Haarsternen als Lebensraum und dienen wiederum anderen Organismen als Nahrung. Auf den Manganknollen lebende Mikroorganismen bauen abgestorbenes pflanzliches und tierisches Material ab.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Manganknolle, https://www.geo.de/wissen/forschung-und-technik/tiefseebergbau–faq-zu-manganknollen—co-33700616.html#wie-entstehen-manganknollen-massivsulfide-und-kobaltkrusten, https://www.tagesschau.de/wissen/manganknollen-112.html