Müll im Meer
Die Hintergründe…
Es gibt eine Bedrohung für das Ökosystem Ozean, dessen Ausmaße langfristig nicht zu überblicken sind und deren Auswirkungen -neben den Meeresbewohnern- auch uns Menschen stark beeinträchtigen. Die Rede ist von der Jahr zu Jahr ansteigenden Einleitung von Plastikmüll sämtlicher Art. Noch vor wenigen Jahrzehnten als „die“ Revolution zur Erleichterung aller Lebenslagen angepriesen, weiß man heute nicht mehr wohin mit all den ausgedienten Kunststoffen…
Zum Glück ist das Thema „Meeresmüll“ und insbesondere „Plastikmüll“ mittlerweile in den Medien angekommen und in den letzten 2-3 Jahren haben sich zudem viele Initiativen gegründet, die sich des Themas annehmen. Nun müssen Politik, Wirtschaft und wir alle als Endverbraucher zusammenarbeiten, um der Plastikflut entgegenzuwirken. Das wird noch ein hartes Stück Arbeit, da trotz erster Fortschritte besonders die Politik zukunftsweisende Fortschritte einleiten muss. Aber viel mehr als Absichtserklärungen und eine schwammige Vision ist bislang noch nicht vorzuweisen. Auch die Industrie setzt auf Zeit, die wir nicht mehr haben…
Bei unser intensiven Recherche über die Vermüllung der Meere ist uns bewusst geworden, dass niemand mit Bestimmtheit sagen kann, wie viel Plastikmüll sich genau in den Meeren befindet und wie viel dies in 1, 2, 5, 10 oder 100 Jahren sein wird. Doch offensichtlich ist: Der Müll ist da und zwar überall. Ob an den Stränden und Küsten, auf hoher See, an der Oberfläche oder auch tief auf den Meeresboden abgesunken. Selbst im Marianengraben im Pazifik konnte in 11.000 Metern Tiefe bereits Plastikmüll nachgewiesen werden. An vielen Stränden ist es nicht der Sand, der bei Spaziergängen unter unseren Füßen knirscht, sondern fein zerriebene Plastikteilchen. Besonders nach starken Fluten und außerhalb der Feriensaison kann man die Ausmaße des Mülls an den Stränden beobachten. Im Nordpazifik hat sich aufgrund der Strömungsverhältnisse ein Plastikmüllstrudel gebildet, der die Ausmaße Zentraleuropas besitzt. Forschungen an verschiedenen Stellen in ihm ergaben, dass die Masse der Plastikteilchen die Masse des vorhandenen Planktons um das Mehrfache übertrifft. Diese Müllstrudel sind aber nicht nur ein pazifisches Phänomen. Auch in allen anderen Meeren gibt es besonders starke Ansammlungen von Plastikmüll.
Woher kommt der Müll?
Ein Großteil der Vermüllung unserer Weltmeere beginnt in den Städten und Gemeinden, da Plastikmüll über die Flüsse ins Meer gelangt. Aber auch defekte und aufgegebene Fischereiutensilien, sowie über Bord gegangene Schiffsladungen und das Einleiten von Schiffsmüll (obwohl international geächtet und durch das MARPOL- Abkommen reglementiert / verboten) sorgen dafür, dass die Ozeane mehr und mehr verdrecken.
Was hat Plastik für Auswirkungen auf die Meeresumwelt?
Sichtbare Auswirkungen: Laut Weltnaturschutzunion (IUCN) sollen alljährlich allein etwa eine Million Seevögel direkt durch den Müll im Meer zu Tode kommen. Schwimmende Plastikteile werden als Beute erachtet und geschluckt. Dies hat häufig zur Folge, dass der Magen-Darm Trakt blockiert oder das Gewebe verletzt wird. Auch wird der Nachwuchs mit den von den Elternvögeln aufgenommenen Plastikteilchen gefüttert. Letztendlich sterben viele Tiere mit einem vollen Plastik-Magen. Ein über
Jahre angelegtes Monitoring an tot aufgefundenen Eissturmvögeln an der Nordsee ergab, dass sich bei 9 von 10 Vögeln Plastikteile in den Mägen befanden. Ähnlich ergeht es Meeresschildkröten, die beispielsweise umherdümpelnde Plastiktüten für ihre Lieblingsspeise (Quallen) halten. Auch in gestrandeten Meeressäugern findet man meist Plastik in den Mägen.
Eine weitere Gefahr stellen die Hinterlassenschaften aus der Fischerei wie aufgegebene, zerrissene Netze (so genannte Geisternetze) dar. Diese dümpeln über lange Zeit im Meer umher und töten immer weiter, weil sich Robben, Fische, Wale, Delfine, Schildkröten, Seevögel etc. in ihnen verfangen und qualvoll verenden.
Unsichtbare Auswirkungen: Sonne, Regen, Stürme und das Meerwasser zersetzen das Plastik in kleinste Partikel. Die Dauer des Zerfalls ist abhängig von der verschiedenen Materialbeschaffenheit. Beim Zersetzungsprozess werden zum Teil gefährliche Stoffe freigesetzt. Unter ihnen auch Bisphenol A, welches im Verdacht steht, das Erbgut zu schädigen. Auf der anderen Seite heften sich aber auch frei im Wasser befindliche Schadstoffe und nicht abbaubare Umweltgifte wie beispielsweise Pestizide und chemische Weichmacher an die Plastikpartikel. Kleine Fische, Garnelen, Krebse etc. nehmen diese auf und die am Teilchen angehefteten Giftstoffe lagern sich im Organismus ab und werden dort gespeichert.
Durch die Nahrungskette gelangen die Gifte in immer größere Tiere und landen letztendlich zum Beispiel in Form von Schwertfischsteaks auf den Tellern des Endverbrauchers Mensch. Forschungen bestätigen, dass die Muttermilch von Inuit-Frauen, welche sich in erster Linie von Tieren aus der oberen Nahrungskette ernähren sehr viel stärker mit Umweltgiften belastet ist, als die Muttermilch von Frauen, die weitaus weniger belastete Lebensmittel zu sich nehmen. Auch auf den zu Dänemark gehörenden Färöer-Inseln wurden Forschungsergebnisse veröffentlicht, die starke Bedenken hinsichtlich des Verzehrs von mit Umweltgiften belastetem Walfleisch äußern. Hier konnten Störungen des Immunsystems sowie Entwicklungs- und Lernstörungen bei Kindern nachgewiesen werden, dessen Eltern vor der Geburt der Kinder regelmäßig Walfleisch aßen.
Was tun?
Wir können nicht warten, bis die Politik und die träge und an Gewinnen orientierte Wirtschaft reagiert. Es muss ein Umdenken in der gesamten Bevölkerung eingeleitet werden. Schreibt an Firmen, deren in Plastik verpackte Artikel nochmals in weiteren Umverpackungen stecken und fragt nach, ob dies wirklich so sein muss. Lasst Plastik- Umverpackungen in den Geschäften. Supermärkte können ebenfalls einen großen Druck auf die Industrie ausüben, wenn sie für die Entsorgung des ganzen Verpackungsmülls sorgen müssen. Versucht schon beim Einkauf möglichst wenig Lebensmittel zu erwerben, die in Plastik abgepackt sind. Dies ist gewiss nicht einfach, doch in vielen Fällen machbar. Einige Bedarfsmittel wie beispielsweise Flüssigseife oder Waschmittel sind in Nachfüllpackungen mit deutlich weniger Umverpackung zu erhalten.
Großpackungen verursachen in vielen Fällen weniger Verpackungsmüll als die gleiche Menge kleinerer Packungen und sie sind zudem meist günstiger. Verwendet für eure Einkäufe wieder die guten alten Stoff-Tragetaschen oder langlebige Recyclingtaschen statt der Einweg-Plastiktüte. Entsorgt die gekauften Umverpackungen korrekt. Scheut euch auch nicht davor, in der Umwelt umherliegende Plastikteile zu entfernen. Aber auch der Gesetzgeber ist gefragt. Neben der generellen Vermeidung von Plastikerzeugnissen müssen Anreize geschaffen werden, um Plastikmüll effektiver zu sammeln und zurückzugeben (Stichwort Pfand). Ferner muss die Erforschung neuer, innovativer Verpackungsmöglichkeiten gefördert werden. Auch muss nicht immer alles „neu“ sein. Es gibt klasse Tauschbörsen, Second-hand-Geschäfte etc.. Seid kreativ und achtsam.
Mikroplastik In Kosmetika:
Kunststoff-Mikropartikel aus Körperpflegeprodukten landen in den Meeren
Nach wie vor werden vielen Körperpflegeprodukten wie etwa Duschpeelings Kunststoffkügelchen beigemischt, um eine bessere Reinigungswirkung zu erzielen. Diese Kügelchen gelangen nach ihrem Gebrauch in unsere Meere, da sie selbst Klärwerke passieren. Kunststoff-Mikropartikel sind bereits in Fischen, Seehunden, Muscheln und Krebsen nachgewiesen worden. Die Meerestiere verwechseln diese mit ihrem natürlichen Futter. Somit haben Kunststoff-Mikropartikel bereits Einzug in die Nahrungskette erhalten, an deren Ende auch wieder der Mensch steht, sofern er sich nicht vegan oder vegetarisch ernährt.
Mikroplastik im Meer absorbiert Umweltgifte und auch die ihnen bei der Produktion zugeführten chemischen Additive wie etwa Weichmacher verstärken eine Umweltunverträglichkeit und stellen eine gesundheitliche Gefährdung dar. Auch wenn marine Mikroplastik-Abfälle verschiedene Quellen haben, so ist es doch ein Gebot der Vernunft und Verantwortung, das bewusste Einbringen dieser Partikel zu beenden. Stattdessen sollten die Kunststoff-Mikropartikel in Körperpflegeprodukten durch natürliche abrasive Materialen ersetzt werden. Zudem ist es auch ein ekeliger Gedanke, wenn man sich bewusst macht, dass man sich mit Kunststoffen den Körper wäscht…
Aber auch der Abrieb von Autoreifen auf dem Asphalt stellt eine große Quelle für Mikropartikel dar, die schlussendlich im Meer landen.
Link zum Flyer: Tatort Badezimmer
Wo immer wir hinkommen; unser Müll ist schon da…
Wie kann verhindert werden, dass immer wieder neues Plastik in die Meere gelangt?
Viele Staaten fangen gerade erst einmal an, Plastik in Massen zu produzieren und es steht zu befürchten, dass das Problem ohne eine globale Initiative zur Vermeidung von Plastikmüll weiter stark anwächst. Hier muss massive Aufklärungsarbeit geleistet werden, um aus den Fehlern der Nationen zu lernen, die schon lange massenhaft Plastik produzieren. Ebenso müssen die bestehenden Gesetze zum Schutz der Ozeane effektiver überwacht werden. Illegale Entsorgungen müssen bei Feststellung des Verursachers härter bestraft werden. Ordentliche Recycling-Systeme müssen erschaffen werden, um die wertvollen Rohstoffe wiederverwenden zu können. Exportweltmeister Deutschland versendet noch immer gigantische Mengen Kunststoffmüll in ferne Länder. Aus den Augen, aus dem Sinn. Doch ordnungsgemäßes Recyceln findet dort oftmals nicht statt…
Ein großer Schritt wäre auch, wenn es Pflicht werden würde, dass Fischer den in ihren Netzen mitgefangenen Müll nach ihrer Rückkehr in den Häfen entsorgen müssten. Die Zahl der weltweiten Cleanup-Kampagnen sind in den vergangenen Jahren explosionsartig in die Höhe geschossen. Dies ist ein positives Zeichen. Project Blue Sea führt bereits seit über 10 Jahren regelmäßig Reinigungskampagnen durch.